Heute stand die Fuggerei auf unserem Programm.
Die Fuggerei ist die älteste bestehende Sozialsiedlung der Welt. „Die Reihenhaussiedlung stiftete Jakob Fugger „der Reiche“ im Jahr 1521. Heute wohnen in den 140 Wohnungen der 67 Häuser 150 bedürftige katholische Augsburger Bürger für eine Jahres(kalt)miete von 0,88 Euro. Sie sprechen dafür täglich einmal ein Vaterunser, ein Glaubensbekenntnis und ein Ave-Maria für den Stifter und die Stifterfamilie Fugger. Bis heute wird die Sozialsiedlung aus dem Stiftungsvermögen Jakob Fuggers unterhalten. …
Die meisten Wohnungen in der Fuggerei sind etwa 60 Quadratmeter groß und haben einen eigenen Eingang. Die im Erdgeschoss liegenden Wohnungen verfügen fast alle über einen Garten, die im Obergeschoss über einen Speicher. Auf Mary und mich wirkten Teile der Siedlung fast ghettohaft. Im 16. Jh. jedoch genossen deren Bewohner eine für die damalige Zeit geradezu luxuriöse Privatheit.
Die Wohnungen sind an das Fernwärmenetz der Stadt Augsburg angeschlossen. Die mechanischen Türglocken, die per Zug betätigt werden, sind auch im Zeitalter der Elektrik durchweg erhalten.
Die Aufnahmebedingungen sind immer noch dieselben wie zur Zeit der Gründung: Wer in der Fuggerei (s. auch unter fugger.de) wohnen will, muss drei Jahre (lt. Auskunft am Eingang) in Augsburg wohnen, katholisch und gut beleumundet sein. Die Jahres(kalt)miete für eine Wohnung in der Fuggerei beträgt bis heute den nominellen, inflationsunbeachteten Wert eines Rheinischen Gulden (umgerechnet 0,88 Euro). Die Nebenkosten tragen die Mieter (85,-Euro seit 1. Juli 2013).
Das Ensemble mit acht Gassen und drei Toren ist eine „Stadt in der Stadt“ mit eigener Kirche, „Stadtmauern“ und mehreren „Stadttoren“. Seit dem Jahr 2006 ist für Besucher allerdings nur noch ein Tor geöffnet, das jeden Abend von 22 Uhr bis 5 Uhr vom Nachtwächter geschlossen wird. Fuggereibewohner, die bis 24 Uhr durch das Ochsentor zurückkehren, geben dem Nachtwächter einen Obolus von 0,50 Euro, danach einen Euro. Ab 5 Uhr ist das Haupttor wieder offen.
Der Besitz der Fuggereistiftung besteht aus Wäldern und Immobilien und finanziert die Sozialsiedlung bis heute. Als neue wirtschaftliche Einnahmequelle kam ab 2006 der Tourismus hinzu. Die Fuggerei ist neben dem Augsburger Rathaus das wohl beliebteste touristische Ziel in der Stadt. Ihr Besuch kostet Eintritt, der zur Erhaltung verwendet wird. …“
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Fluchtlinien, Fluchtpunkte und ganz viel Ocker
Irgendwann hatten wir genug gesehen und machten Pause auf einer Bank. Nach einer Weile verließen wir die interessante Stätte, um uns den Dom anzuschauen. Doch leider war einer der beiden Türme eingerüstet.
Dafür fand ich drinnen einige schöne Motive: Zum Beispiel die Konradsäule (s. u. 8. Foto) mit einem Weihwasserbecken an der Basis und einer Augsburger Zirbelnuss als Krönung. Sie wurde nach dem Krieg zum Dank für die Verschonung vor der Bombardierung von Bildhauer Georg Chorherr errichtet.
Kultur konsumieren macht hungrig, und so suchten Mary und ich das Ashoka House auf, ein indisches Restaurant, das wir gestern hier ganz in der Nähe gefunden hatten. Neben der Tatsache, dass es in Dortmund kein Lokal dieser Art gibt, bestach die Terrasse des Restaurants durch seine Lage über dem Hinteren Lech.
In einem schönen Ambiente brachte uns der Kellner Speisen, wie wir sie wohl zuletzt mit dieser Authentizität 1979 auf Sri Lanka gegessen hatten.
Nach einem gelungenen Vormittag machten wir uns auf den Weg zum Hotel, wo wir eine Pause machen wollten, um uns am späten Nachmittag noch einiges anzuschauen.
Unterwegs kamen wir am Fuggerschen Stadtpalast vorbei, dessen äußere Fassade, eine der längsten in der Straße, vom Reichtum der Fugger zeugte, weil damals die Gebäudesteuer nach der Länge der Frontfassade berechnet wurde.
Durch eines der geöffneten Tore traten wir ein und gelangten zum „Damenhof“, der mit seinen von toskanischen Säulen gestützten Arkadengängen und prächtig bemalten Bögen als einer der schönsten Innenhöfe Deutschlands gilt.
Nur ein paar Schritte weiter zeigte uns die Beschilderung den Weg zu unserem Hotel.
Nachdem sich unsere Füße einigermaßen vom Pflasterlaufen erholt hatten, machten wir uns auf den Weg, zur Augsburger Synagoge, die als eine der schönsten Europas gilt. In der Touristeninformation hatte uns die Dame am Morgen gesagt, dass man sie am heutigen Tag bis 18 Uhr besichtigen könne. Wir brauchten nicht weit zu laufen, um vor verschlossene Tore zu gelangen. Man hatte die Öffnungszeiten geändert, sie aber weder weitergegeben, noch auf der Internetseite aktualisiert. Glücklicherweise finde ich im Internet ein Foto des wunderschönen Innenraumes (siehe 4. Foto).
Wir verließen die heilige Stätte und bummelten durch die kleine Parkanlage am Königsplatz, von wo aus wir das Staatstheater sehen konnten.
Weiter ging es zur Altstadt und zum Fuggerplatz, wo eine hübsche junge Frau, wahrscheinlich mit Namen Olga – jedenfalls gab es in ihrem Instrumentenkasten den Hinweis auf eine Olga Show – vor dem Fuggerdenkmal wunderbar auf einer Violine musizierte.
Leider fing es an zu nieseln, und Fotografieren war nur noch mit Regenschirm möglich. Wir gingen noch einmal durch die Karolinenstraße, wo man das Feuer endlich hatte löschen können. Schließlich fanden wir auch das Geburtshaus von Bert Brecht.
Für unser letztes Abendessen hatte ich einen Tisch im Ratskeller reserviert. Da uns noch ein wenig Zeit bis 19 Uhr blieb, setzten wir uns noch auf eine Bank am Elias-Holl-Platz mit Blick auf die Holzskulptur (s. Eintrag v. Vortag) und das Rathaus.
Plötzlich fing es an, wie aus Kübeln zu schütten. Ich spannte unseren großen Schirm auf, und wir eilten auf die Terrasse des Restaurants. Viele (junge) Leute saßen noch draußen, doch Mary und ich zogen es vor, drinnen zu speisen.
Wie schon gestern im Biergarten, stimmte auch hier in dem historischen Kellergewölbe alles: Zum passenden Ambiente wurden leckere Speisen gereicht, und auch die Getränke fügten sich nahtlos ein: Riegeler Bier gegen den ersten Durst, danach Grauburgunder für Mary und Primitivo für mich.
Als wir schließlich zurück zum Hotel gingen, nieselte es nur noch leicht, sodass ich noch eine Nachtaufnahme von der schönen Maximilianstraße machen konnte.
Auch heute fiel uns wieder auf, dass die Straßenbeleuchtung hier in Augsburg – zumindest in den Bereichen, in welchen wir uns nachts bewegt hatten – mit gelblichem Licht ausgestattet war, was wesentlich heimeliger wirkte als die grellen weißen LED-Lampen bei uns.
Bleibt zu hoffen, dass durch die Diskussionen um Lichtverschmutzung angeregt, die Verantwortlichen reagieren und immer mehr Beleuchtung auf gelbliches Licht umgestellt wird, das sich noch dazu positiv auf sämtliche lebenden Organismen auswirkt!