Als ich am Morgen des 1. April gegen 4 Uhr nach meiner über 20 stündigen Reise endlich in Nouakchott in meiner neuen Unterkunft für die nächsten 14 Tage auf der reichlich durchgelegenen Matratze lag, fiel ich nach dem ersten Kulturschock, den mir meine Gastgeberin Marie-France bereits Monate zuvor prophezeit hatte, sofort in einen tiefen Schlaf.
Der zweite Schock traf mich schon wenige Minuten später, als der Muezzin mit unglaublich kraftvoller Stimme zum ersten Gebet aufrief. Er schien mit einem Megaphon unmittelbar vor meiner Schlafstelle zu stehen – zumindest kam es mir so vor.
Ich überlegte, wie ich Marie-France klarmachen würde, dass ich vorhatte, so bald wie möglich wieder abzureisen.
Wie es zu dieser Reise kam
Im Sommer 2005 lernten meine Frau und ich Marie-France während unseres Urlaubs in Tunesien kennen. Sie war von Deutschland aus nach Nordafrika gegangen, um dort auf privater Ebene Menschen zu helfen. Da sie in Tunesien nicht die erwartete Unterstützung erhielt, knüpfte sie Kontakte zu Mauretanien. Die Lebensauffassung der agilen Rentnerin gefiel uns und wir blieben in Kontakt. Wenig später erfuhren wir, dass sie tatsächlich nach Mauretanien gezogen war.
Während eines Deutschlandaufenthaltes besuchte sie uns in Dortmund und erzählte uns von ihrer neuen Wahlheimat. Der Gedanke entstand, Marie-France zu besuchen. Ich sollte die Reise jedoch allein antreten, weil meine Frau die ganze Sache reichlich abenteuerlich fand.
Nach eingehender Abwägung eventueller Risiken und sorgfältiger Planung machte ich mich in den Osterferien 2007 auf nach Nouakchott, der Hauptstadt Mauretaniens, wo Marie-France lebte. In meinem Gepäck befanden sich viele nützliche Gebrauchsgegenstände, um die sie mich gebeten hatte.
Ich fühlte mich bestens vorbereitet, und auch den zu erwartenden Kulturschock würde ich leicht verarbeiten, so dachte ich. Sorge machte mir eigentlich nur mein fast sechsstündiger Aufenthalt in Casablanca. Die lange Warterei ließ sich jedoch gut mit Musik aus meinem neuen MP3-Player überbrücken.
Kurz nach Mitternacht saß ich im Flieger, der um 00.30 Uhr Richtung Nouakchott abhob. Der Flug dauerte gut zweieinhalb Stunden. Im Flughafen-gebäude gab es am Schalter, wo ich mein Visum vorzeigen musste, eine lange Schlange. Dann die Gepäckkontrolle. „Wofür sind die kleinen Schlösser an Ihren Koffern?“, fragte ein bulliger schwarzer Soldat. „Aufmachen!“ Man fand keine verdächtigen Güter und mit großer Erleichterung passierte ich endlich die Sperre, hinter der mich Marie-France und ihr einheimischer Fahrer, Amadou, empfingen.
Die Begrüßung war überaus herzlich, und auch Amadou schien froh zu sein, dass alles geklappt hatte. „Willkommen in Mauretanien!“ Nach einer kurzen Auseinandersetzung mit einigen anderen Taxifahrern, die Amadou beschuldigten, in ihr Terrain eingedrungen zu sein, verließen wir das hell erleuchtete Flughafengelände und fuhren in die Dunkelheit.